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Kapitel 6

Die Affektheuristik

Bei der Affektheuristik handelt es sich um eine Urteilsheuristik, bei der die emotionale Reaktion (Vorliebe oder Abneigung) gegenüber einem Sachverhalt unsere Urteile und Entscheidungen dominiert oder bestimmt. Im Alltag spielt die Affektheuristik eine bedeutende Rolle, da Meinungen, Überzeugungen und Entscheidungen häufig nicht rational, sondern emotional getroffen werden (z. B. Mag ich das? Hasse ich es? Wie stark reagiere ich emotional darauf?). Interessanterweise zeigt die Forschung, dass wenn man Personen hierbei die emotionale Verzerrung ihrer Einstellung oder Entscheidung aufzeigt, diese meistens nicht kritisch hinterfragt wird, sondern stattdessen begonnen wird, diese zu rechtfertigen (in der Psychologie spricht man hierbei auch von „Rationalisierung“).

Wie andere Heuristiken auch, ist die Affektheuristik ein extrem schneller Urteils- und Entscheidungsprozess, von dem wir bewusst nichts mitbekommen. Anstatt uns mit einem Sachverhalt intensiv und analytisch zu beschäftigen, verlassen wir uns auf die spontane emotionale Reaktion, die dieser in uns hervorruft. Auf diese Weise werden komplexe Probleme und Sachverhalte, die normalerweise mit großem kognitivem Aufwand verbunden wären, durch ein schlichtes „Bauchgefühl“ gelöst. Hierzu wird die eigentliche Frage unbewusst durch eine leichtere Frage ersetzt und stattdessen beantwortet.

Eigentliche Frage (Zielfrage)Leichtere Frage (Heuristische Frage)
Wie viel sind Sie bereit zu spenden, um eine bedrohte Art zu retten?Wie sehr berührt es mich, wenn ich an sterbende Delfine denke?
Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig mit Ihrem Leben?Wie ist meine aktuelle Stimmung?
Sollten Straftaten der Finanzindustrie stärker bestraft werden?Wie viel Wut verspüre ich, wenn ich an Finanzhaie denke?
Wie beurteilen Sie die Arbeit des Bundeskanzlers?Wie sehr mag oder hasse ich den Bundeskanzler?
Sind 100 € ein angemessener Preis für eine Übernachtung im Hotel XY?Was fühle ich, wenn ich an Hotel XY denke?

Eine Besonderheit der Affektheuristik ist ihre Dauerpräsenz in unserem Alltag. Denn Emotionen und Affekte treten automatisch und unwillkürlich zu jedem erdenklichen Thema oder Sachverhalt auf, dem wir begegnen. In diesem Kontext konnten die Forscher Christopher Hsee und Yuval Rottenstreich in einer 2004 publizierten Studie nachweisen, dass bereits die bloße An- oder Abwesenheit von Emotionen einen starken Einfluss auf unser Kauf- und Zahlverhalten hat. Hierzu sollten Versuchspersonen eine Zeit lang entweder über ein emotional aufgeladenes oder ein emotional neutrales Thema nachdenken. Anschließend sollten sie einen Höchstpreis nennen, den sie bereit wären zu zahlen, wenn jemand aus ihrem Bekanntenkreis entweder fünf oder zehn Madonna-CDs zum Verkauf anbieten würde. Personen, die vorher über emotional neutrale Themen nachdachten, handelten rational, indem sie für zehn CDs mehr bereit waren zu zahlen als für 5 CDs. Dagegen zeigten die Versuchspersonen, die zuvor über emotional aufgeladene Themen nachgedacht haben, ein irrationales Zahlungsverhalten, indem sie sowohl für fünf als auch für zehn CDs etwa gleich viel bezahlen wollten. Das Forscherteam konnte damit nicht nur nachweisen, dass Emotionen zur irrationaleren Kaufentscheidungen führen, sondern auch, dass die dafür ursächlichen Emotionen nichts mit dem Kaufgegenstand zu tun haben müssen.

Auch bei der Frage, welche Informationen oder Argumente wir überzeugend finden, spielt die Affektheuristik eine nicht zu unterschätzende Rolle. So konnten beispielsweise Forschungsarbeiten im Bereich der Politikwissenschaft nachweisen, dass maßgeblich unsere politischen Präferenzen bestimmen, welche politischen Argumente wir als überzeugend empfinden. Sind wir beispielsweise im linken politischen Spektrum beheimatet, dann werden wir die Argumente der SPD der der Linkspartei überzeugender finden als zum gleichen Sachverhalt die Argumente der CDU oder der FDP. Befindet sich dagegen unsere politische Heimat im konservativ-bürgerlichen Milieu, dann werden wir beim gleichen Sachverhalt die Argumente der CDU oder der FDP überzeugender finden als von Parteien des linken Spektrums.

Die Forschung zur Affektheuristik konnte darüber hinaus auch einen großen Einfluss auf unsere Risiko- und Nutzenwahrnehmung nachweisen. Löst eine Sache bei uns positive Emotionen aus, dann nehmen wir das dazugehörige Risiko als gering und den Nutzen als hoch wahr. Hegen wir dagegen gegenüber einem Thema negative Emotionen, schätzen wir das daraus ausgehende Risiko höher und den damit verbundenen Nutzen geringer ein. Wenn wir beispielsweise zur Atomkraft eine positive Einstellung besitzen, werden wir dieser einen großen Nutzen und ein geringes Risiko zuschreiben. Haben wir dagegen zur Kernkraft eine negative Einstellung, dann werden wir dieser einen geringen Nutzen und dein sehr hohes Risiko zuschreiben. Allerdings zeigt die Forschung, dass sich die affektive Einstellung und damit die Risiko- und Nutzenwahrnehmung auch (teilweise) verändern lässt. Werden Personen vielfältige Vorteile einer Technologie aufgezeigt und/oder die geringen Risiken betont, wirkt sich dies auch auf die emotionale Attraktivität der Technologie aus. Entsprechende Studien zeigten, dass bei der Aufzählung vieler Vorteile und/oder bei der Betonung geringer Risiken eine Technologie im Anschluss besser bewertet wird.

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Tipps für die Praxis

  • Beachten Sie, dass Emotionen einen großen Einfluss auf die Entscheidungen, Urteile und Überzeugungen von Menschen haben sowie darauf, welche Informationen und Argumente sie als überzeugend finden.
  • Möchten Sie, dass Menschen bestimmte Risiken wahrnehmen, dann können Sie sich einer Technik bedienen, die Versicherungsunternehmen anwenden. Diese schildern lebhaft, welche dramatischen Folgen ein entsprechender Schaden haben kann (etwa ein Blitzschlag oder eine Überschwemmung). Die dabei ausgelösten Emotionen führen jedoch zu einer maßlosen Überschätzung der (häufig) sehr geringen Schadeneintrittswahrscheinlichkeiten, woraufhin viele Menschen oft überteuerte Versicherungen abschließen. 

Exkurs zu unserem verzerrten Weltbild

Die Welt in unserem Kopf ist keine exakte Kopie der Wirklichkeit. Die Forscher Paul Slovic und Sarah Lichtenstein konnten mit Untersuchungen zur Wahrnehmung von Risiken aufzeigen, dass unser Weltbild durch die Verbreitung und emotionale Intensität von Nachrichten, denen wir ausgesetzt sind, stark verzerrt sind. Die Forscher fanden zu diesem Thema unter anderem heraus, dass:

  • 80 Prozent der Menschen glauben, dass ein Unfalltod wahrscheinlicher ist als ein Schlaganfall, obwohl Schlaganfälle fast doppelt so viele Todesfälle verursachen wie alle Unfälle zusammen,
  • ein Tod durch Blitzschlag als weniger wahrscheinlich eingestuft wird als ein Tod durch Lebensmittelvergiftung, obwohl dieser 52-mal häufiger ist,
  • das Verhältnis zwischen Unfalltod und Tod durch Diabetes 1:4 beträgt, jedoch ein Unfalltod mehr als 300-mal wahrscheinlicher angesehen wird.

Dass die Erwartung von Häufigkeiten von Ereignissen derart durch die Medienberichterstattung verzerrt ist, ist insbesondere auf die Verfügbarkeitsheuristik und Affektheuristik zurückzuführen. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Medienberichterstattung nicht nur das Interesse der Öffentlichkeit prägt, sondern auch ihrerseits von diesem Interesse beeinflusst wird. Ungewöhnliche emotionale Ereignisse und Vorfälle (zum Beispiel Tod durch Blitzschlag) ziehen unverhältnismäßig viel Aufmerksamkeit auf sich, weshalb die Wahrscheinlichkeit solcher Ereignisse schnell überschätzt wird. Gleichzeitig werden ungewöhnliche und emotionale Ereignisse von unserem assoziativen Gedächtnis besonders einprägsam gespeichert, wodurch sich diese auch besonders leicht aus dem Gedächtnis abrufen lassen

Autor

Patrick Michalowski

Patrick Michalowski

Patrick Michalowski berät kleinere und mittelständische Unternehmen bei der psychologischen Optimierung ihrer Marketingaktivitäten. Er hat erfolgreich mehrere Studiengänge im Bereich Wirtschaft, Medien und Psychologie absolviert und ist darüber hinaus zertifizierter Referent für psychologische Kommunikationsprozesse (PFH)

Quellen

Damasio, A. R. (1996). The somatic marker hypothesis and the possible functions of the prefrontal cortex. Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series B, Biological Sciences, 351(1346), 1413–1420.

Finucane, M. L., Alhakami, A., Slovic, P. & Johnson, S. M. (2000). The affect heuristic in judgments of risks and benefits. Journal of Behavioral Decision Making, 13(1), 1–17.

Haidt, J. (2001). The emotional dog and its rational tail: a social intuitionist approach to moral judgment. Psychological Review, 108(4), 814–834.

Hsee, C. K. & Rottenstreich, Y.. (2004). Music, pandas, and muggers: on the affective psychology of value. Journal of Experimental Psychology. General, 133(1), 23–30.

Kahneman, D. (2012). Schnelles Denken, langsames Denken. München: Siedler.

Rottenstreich, Y. & Hsee, C. K. (2001). Money, kisses, and electric shocks: on the affective psychology of risk. Psychological Science, 12(3), 185–190.

Slovic, P. (1999). Trust, emotion, sex, politics, and science: surveying the risk-assessment battlefield. Risk Analysis: an Official Publication of the Society for Risk Analysis, 19(4), 689–701.

Slovic, P., Finucane, M. L., Peters, E. & MacGregor, D. G. (2004). Risk as analysis and risk as feelings: some thoughts about affect, reason, risk, and rationality. Risk Analysis: an Official Publication of the Society for Risk Analysis, 24(2), 311–322.

Zajonc, R. B. (1980). Feeling and thinking: Preferences need no inferences. The American psychologist, 35(2), 151–175.

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