Kapitel 11
Der Begriff „Commitment und Konsistenz“ wurde vom Psychologen Robert B. Cialdini geprägt und beschreibt, dass Menschen das Bestreben haben, in ihren Worten, Überzeugungen und Taten konsequent bzw. konsistent zu sein oder zu erscheinen. Der Begriff Commitment (dt.: Bindung) bedeutet hierbei, einen Standpunkt zu beziehen bzw. einzunehmen oder sich (öffentlich) zu etwas bekennen. Sobald einmal eine Entscheidung getroffen oder ein Standpunkt eingenommen wurde, drängen uns daraufhin starke innere Kräfte dazu, uns gemäß dieser Festlegung zu verhalten (Konsistenz). Umgangssprachlich wird Commitment und Konsistenz auch mit „Wer A sagt, muss auch B sagen“ umschrieben.
Für die starke menschliche Neigung zu einem konsistenten Verhalten existieren mehrere Erklärungen. Zunächst verursacht inkonsistentes Verhalten gemäß der Theorie der kognitiven Dissonanz einen unangenehmen mentalen Spannungszustand, den Menschen bestrebt sind zu vermeiden. Darüber hinaus wird konsistentes Verhalten als wünschenswerte soziale Eigenschaft betrachtet und als Zeichen von Rationalität, Stabilität und Vertrauenswürdigkeit angesehen. Des Weiteren vereinfacht konsistentes Verhalten unsere Entscheidungsprozesse, da es die Komplexität des modernen Lebens deutlich reduziert. Haben wir uns nämlich einmal auf einen Standpunkt festgelegt, so müssen wir uns zum entsprechenden Thema keine großen Gedanken mehr machen und auch keine weitere geistige Energie mehr für das anstrengende Abwägen von Pro und Contra aufbringen.
Ein klassisches Experiment zu Commitment und Konsistenz entstammt der Feder des Psychologen Thomas Moriarty, bei dem 1975 an einem New Yorker Strand Diebstähle vorgetäuscht wurden. Hierzu legte ein Komplize des Forschers in etwa ein bis zwei Metern Entfernung neben zufällig ausgewählten Menschen ein Strandhandtuch aus, auf dem er es sich für paar Minuten bequem machte und Musik aus einem tragbaren Radio hörte. Anschließend stand er auf und spazierte, ohne seine Sachen mitzunehmen, am Strand entlang. Währenddessen kam der Versuchsleiter vorbei, griff sich das Radio und versuchte mit dem Diebesgut zu verschwinden. Bemerkenswerterweise hatte der „Dieb“ damit meistens Erfolg. Nur vier von zwanzig Personen versuchten, den Diebstahl zu verhindern. In einer anderen Variation wurden dagegen ganz andere Resultate erzielt. Wenn der Komplize vor Verlassen des Platzes die Versuchspersonen bat, kurz auf seine Sachen aufzupassen, was fast alle Personen versprachen, schritten 19 von 20 Personen beim anschließenden Diebstahlversuch ein. Zusätzlich zeigte sich, dass die Versuchspersonen nicht nur versuchten, den Diebstahl zu verhindern, sondern dass sie den Dieb auch quer über den ganzen Strand verfolgten, ihn mit Einsatz körperlicher Gewalt festhielten oder ihm das Radio entrissen.
Das Experiment von Moriarty verdeutlicht somit, welchen großen Unterschied es ausmacht, ob eine Person sich mit einem Commitment auf etwas festgelegt bzw. zu etwas bekannt hat oder nicht. Viele Überzeugungs- und Beeinflussungsstrategien zielen deswegen darauf ab, dass Menschen etwas tun oder sagen, dass sie aufgrund des Drangs zum konsistenten Verhalten später dazu bringt, was man von ihnen möchte. Beispielsweise hat die Spielwarenbranche daraus eine gewinnbringende Verkaufsstrategie entwickelt, die geschickt die Konsistenzbedürfnisse von Eltern ausnutzt. Hierzu werden in der Vor- und Weihnachtszeit mit aufwendigen Fernsehwerbespots bestimmte Spielzeuge beworben, die dann aber im Handel aufgrund geringer Stückzahl ausverkauft sind. Die meisten Eltern sind deswegen gezwungen, ein gleichwertiges Ersatzspielzeug zu kaufen, um an Weihnachten nicht mit leeren Händen dazustehen. Sind die Weihnachtfeiertage jedoch vorbei, lassen die Spielzeughersteller die Werbespots für die ausverkauften Spielzeuge wieder anlaufen. Die Kinder rennen daraufhin massenweise zu ihren Eltern und bestehen auf dem ursprünglich versprochenen Spielzeug. Vielen pflichtbewussten Eltern bleibt in dieser Situation nichts anderes übrig, als ihr Versprechen einzulösen und das ursprünglich ausverkaufte Spielzeug zu kaufen.
Beim Commitment ist es wichtig zu beachten, dass die daraus resultierende Bindung umso größer ist, je stärker sich die Person dafür verantwortlich fühlt. Das Commitment sollte daher durch die Person freiwillig, aktiv und am besten öffentlich (für andere wahrnehmbar) abgegeben werden, da sich sonst die Wirkung reduziert. Dies kann beispielsweise geschehen, indem man sich öffentlich über eine Sache äußert, indem man ein Versprechen abgibt, indem man in eine Sache Geld oder Zeit investiert oder indem man eine Sache unter anderen auswählt. Je mehr eine Person dabei in etwas investiert, desto größer ist ihre Bindung daran.
Die Wirkung kann zusätzlich gesteigert werden, indem das Commitment zusätzlich schriftlich abgegeben wird. Wie groß der Stellenwert einer aktiven schriftlichen Erklärung für die Bindung an eine Sache ist, konnte das Forscherteam Delia Cioffi und Randy Garner in einem Experiment aufzeigen. Hierzu baten sie College-Studenten um die Teilnahme an einem Aids-Aufklärungsprojekt. Eine Gruppe von Studenten musste hierzu ihre freiwillige Teilnahme aktiv bestätigen, in dem sie selbst schriftlich ein Formular ausfüllte. Einer anderen Gruppe wurde gesagt, dass man das Formular nur dann ausfüllen müsse, wenn man nicht teilnehmen wollte (für eine Teilnahme mussten die Studenten also nichts machen). Die Anzahl der Studenten, die sich freiwillig für die Teilnahme entschied, fiel in beiden Gruppen etwas gleich hoch aus. Was sich dagegen deutlich unterschied, war die Anzahl derer, die tatsächlich zum Projekt erschienen. Die Gruppe, die sich schriftlich verpflichtet hatte teilzunehmen, bildete am Ende 74 Prozent der Gesamtteilnehmer. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Studenten, die ihre Teilnahme im Vorfeld aktiv bestätigen mussten, ihre Entscheidung eher mit persönlichen Werten, Eigenschaften und Einstellungen begründeten als die Studenten, die nur passiv ihre Teilnahme bestätigten.
Ähnliche Beobachtungen wurden auch in anderen Bereichen gemacht. Beispielsweise erhöht sich die Pünktlichkeit von Patienten um über 18 Prozent, wenn sie ihren Termin selbst aufschreiben, anstatt dass sie passiv bleiben und es jemand anderes für sie macht. Diesen Umstand machen sich auch Einzelhändler und Handelsvertreter zunutze, indem sie Vertrags- oder Finanzierungsformular nicht für den Kunden, sondern durch diesen selbst ausfüllen lassen. In dem die Kunden das Formular selbst ausfüllen, fühlen sie sich anschließend an den Vertrag deutlich mehr gebunden, anstatt wenn es das Verkaufspersonal gemacht hätte. Infolgedessen sinken die Widerrufe und Vertragsrücktritte deutlich.
Wie wir sehen, kann eine Bindung durch schriftliches Unterschreiben deutlich erhöht werden, was noch einmal verdeutlicht, welche Effekte Unterschriftenaktionen haben können. Dies ist auch einer der Gründe, warum bei manchen Preisausschreiben die einzige Leistung darin besteht, dass man eigenhändig einen Slogan aufschreiben soll. Der bloße Umstand, dass man den Slogan selbstständig aufgeschrieben hat, trägt bereits dazu bei, dass man sich mit dem Inhalt des Slogans enger verbunden fühlt. Einen ähnlichen Weg gehen clevere Handelsvertreter: Nach einer unverbindlichen Präsentation werden die anwesenden Personen gebeten, ihre Meinung über die Produkte schriftlich darzulegen. Hierbei werden die bevorzugten Produktmerkmale erfragt, mit dem Ziel, dass man sich möglichst positiv über die Produkte äußert und damit eine Bindung entsteht.
Tatsächlich kann dieser Weg dazu führen, dass man nicht nur eine größere Bindung aufbaut, sondern auch seine Einstellung ändert. Denn eine wichtige Informationsquelle dafür, welche Meinung wir über uns selbst und welche Werte, Einstellungen und Überzeugungen wir haben, ist unser Verhalten. Dies ist besonders dann der Fall, wenn für eine Handlung oder ein Verhalten externe Rechtfertigungsgründe fehlen (z. B. „dafür habe ich zwanzig Euro erhalten“ oder „ich wurde gezwungen“). In der Psychologie spricht man hierbei von internaler Ursachenzuschreibung. Damit ist gemeint, dass die Person sich selbst als Verursacher ihrer Handlung wahrnehmen muss und kein äußerer Handlungsanreiz erkennbar sein darf. Kann eine Person ihr gezeigtes Verhalten nicht durch externe Ursachen erklären, dann beginnt sie dieses dadurch zu erklären, indem sie ihre Einstellung als Ursache dafür ansieht und unbewusst ihre Einstellung an ihr Verhalten anpasst. Wurde dagegen eine Person zu einem Verhalten gezwungen oder dafür belohnt (externale Ursachenzuschreibung), kommt es daraufhin jedoch zu keiner Einstellungsänderung. Wenn wir also – wie im vorangegangenen Beispiel der Handelsvertreter – Zeit und Mühe investieren, um zu diversen Produkten unsere (positive) Meinung schriftlich darzulegen, und wir dafür keine externen Handlungsanreize finden, dann beginnen wir das Verhalten dadurch rechtfertigen, indem wir eine positive Einstellung dazu entwickeln („ich mache das, weil die Produkte wirklich super sind!“). Und wer eine positive Einstellung hat und dadurch die Produkte super findet, der wird sie auch gerne und reichlich kaufen.
Aber was sollen man machen, wenn wir einen Menschen vor uns haben, der sich eben auf sein bereits abgegebenes Commitment beruft? Hier ist es effektiv, die Person von ihrer früheren Festlegung freizusprechen und ihr eine Möglichkeit zur Gesichtswahrung zu lassen. Hierbei kann man die Entscheidung für den Zeitpunkt, in dem sie getroffen wurde, als richtig bezeichnen und betonen, dass die Person unter den damaligen Umständen und angesichts der damals zur Verfügung stehenden Informationen richtig gehandelt hat. Anschließend ist der Weg frei, dass die Person sich von ihrem ursprünglichen Commitment lösen kann und ohne einen Gesichtsverlust befürchten zu müssen, einen neuen Standpunkt beziehen kann.
Dass dieser Weg auch umgekehrt funktioniert, zeigt Robert B. Cialdini anhand von Jo-Ellen Demitrius, die als eine der besten Beraterinnen zur Auswahl von Geschworenen in den USA gilt. Bei der Auswahl der Kandidaten stellt sie folgende Frage, mit der sie erreicht, dass die Geschworenen sich im Prozess von anderen Geschworenen nicht zum Nachteil ihres Mandanten beeinflussen lassen: „Wenn Sie der Einzige wären, der an die Unschuld meines Mandanten glaubt, können Sie dem Druck der übrigen Geschworenen widerstehen, Ihre Meinung zu ändern?“. Fast alle Kandidaten antworten mit „Ja“ und bleiben dieser Einstellung im Prozess auch treu.
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Patrick Michalowski berät kleinere und mittelständische Unternehmen bei der psychologischen Optimierung ihrer Marketingaktivitäten. Er hat erfolgreich mehrere Studiengänge im Bereich Wirtschaft, Medien und Psychologie absolviert und ist darüber hinaus zertifizierter Referent für psychologische Kommunikationsprozesse (PFH)
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