Kapitel 30
Der Begriff Priming leitet sich aus dem englischen Wort to prime ab und kann als „vorbereiten, voraktivieren, bahnen, prägen“ übersetzt werden. Beim Priming handelt es sich um einen unbewussten kognitiven Prozess, bei dem durch einen vorausgegangenen Reiz (den sogenannten Prime), im Gedächtnis temporär spezifische Wissenseinheiten oder Assoziationen aktiviert werden. Diese aktivierten Gedächtnisinhalte dienen nun kurzfristig als Interpretationsbasis für die nachfolgende Informationsverarbeitung und beeinflussen dadurch unsere Gedanken und Handlungen. Vereinfacht kann man sich Priming als einen Vorgang vorstellen, bei dem unbewusst Assoziationen aktiviert und diese von unserem intuitiven System 1 für seine Entscheidungen verstärkt berücksichtigt werden.
Das Konzept des Primings beruht auf der Vorstellung, dass unser Gedächtnis einem assoziativen Netzwerk entspricht, dass wie bei einem Fischernetz aus einem großen Netzwerk von Knoten besteht. Die einzelnen Knoten stellen dabei Gedächtnisinhalte dar, die mehr oder weniger stark miteinander verknüpft sind. Wird ein Gedächtnisinhalt durch einen Reiz aktiviert, dann werden gleichzeitig auch andere damit assoziativ verknüpfte Gedächtnisinhalte aktiviert.
Auch wenn Priming und die Vorstellung eines assoziativen Gedächtnisnetzwerks auf den ersten Blick etwas kompliziert klingen, verbirgt sich dahinter ein einfaches Wirkprinzip, welches durch ein Beispiel leicht verständlich wird. Vervollständigen Sie hierzu zunächst das folgende Lückenwort: _uppe.
Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit haben Sie beim gesuchten Wort den Buchstaben „S“ ergänzt und daraus das Wort „Suppe“ gebildet. Der Grund hierfür liegt im vorangegangenen Stimulus, dem Prime, welchen Sie vor der Aufgabenstellung in Form des Bildes mit dem Essen gesehen haben. Dieses Bild hat in Ihrem Gehirn unbewusst ein Netzwerk von Assoziationen zum Thema Essen aktiviert, wodurch die nachfolgende Informationsverarbeitung im Sinne dieses Assoziationsnetzwerks beeinflusst wurde. Dadurch war es für Sie sehr nahe liegend und logisch, im Lückenwort das Wort „Suppe“ zu erkennen. Hätte man stattdessen ein Bild mit Kinderspielzeug als Prime verwendet, wäre es wiederum sehr wahrscheinlich gewesen, dass Ihre Antwort nicht „Suppe“, sondern „Puppe“ gelautet hätte.
Welch großen Einfluss unbemerkte Reize in unserer Umgebung auf unser Denken und Handeln ausüben, konnte das sogenannte Florida-Experiment zeigen, dass es zur großen Berühmtheit geschafft hat (auch als Florida-Effekt bekannt). Hierbei sollten Versuchspersonen im Alter zwischen 18 und 22 Jahren zunächst mit vier von fünf vorgegebenen Wörtern Sätze bilden. Danach wurden die Versuchsteilnehmer unter dem Vorwand einer weiteren Aufgabe in einen anderen Raum geschickt, welcher sich am Ende eines Korridors befand. Dabei zeigte sich, dass die Versuchspersonen, die Sätze mit Wörtern gebildet hatten, die mit einem hohen Alter assoziiert werden („grau“, „Falte“, „vergesslich“, „Glatze“ oder „Florida“), deutlich langsamer den Korridor entlanggingen als die Personen, die Sätze ohne altersbezogene Wörter gebildet hatten. Die unbewusste Vorstellung eines hohen Alters, die durch die altersbezogenen Wörter hervorgerufen wurde, hatte das Verhalten der Versuchspersonen geändert – und das obwohl das Wort „alt“ zu keinem Zeitpunkt verwendet wurde. Eine deutsche Studie konnte aufzeigen, dass dieser Effekt auch umgekehrt funktioniert: Bitte man Versuchspersonen, fünf Minuten langsam zu gehen, können diese anschließend deutlich schneller Wörter identifizieren, die mit hohem Altem assoziiert werden.
Ein weiteres eindrucksvolles Experiment zum Priming fand in einem englischen Supermarkt statt, bei dem für zwei Wochen die Hintergrundmusik variiert wurde. Wurde im Supermarkt dezente französische Musik gespielt, dann kaufen die Kunden vermehrt französische Weine. Wurde dagegen dezente deutsche Volksmusik als Hintergrundmusik gespielt, kauften die Kunden vermehrt deutsche Weine. Das Bemerkenswerte daran: Auf Nachfrage gaben die meisten Weinkunden an, die Hintergrundmusik gar nicht wahrgenommen zu haben.
Doch nicht nur auf unser Konsumverhalten, auch auf unser Wahlverhalten hat Priming einen Einfluss. Beispielsweise konnte die Unterstützung und das Abstimmungsverhalten bei einem Bürgerentscheid über eine Erhöhung von Bildungsausgaben signifikant gesteigert werden, wenn ein Wahllokal sich in oder in der Nähe einer Schule befand. Dieser Effekt konnte auch erzielt werden, indem vor den Wahllokalen Bilder von Klassenzimmern oder Schulspinden gezeigt wurden.
Eine besonders interessante Erkenntnis bietet die Priming-Forschung zu Kreditkarten, die insbesondere für die Gastronomie, die Hotellerie und den Einzelhandel von großer wirtschaftlicher Relevanz sind. Denn noch immer verwehren sich zahlreiche Gastronomen, Hoteliers und Einzelhändler dieser Zahlungsform, da hier höhere Zahlungsentgelte anfallen. Zu Unrecht, wie die Forschung zeigt. Beispielsweise konnte eine Studie aus dem Jahr 1986 nachweisen, dass Restaurantgäste vor Ort mehr ausgeben und höhere Trinkgelder zahlen, wenn sie mit Kreditkarte anstatt mit Bargeld zahlen. Bemerkenswerterweise müssen Menschen nicht mal eine Kreditkarte besitzen, damit sie ihr Geld mit vollen Händen ausgeben. Wie zwei Studien aus dem Jahr 1990 und 1996 zeigten, muss man hierzu nichts anderes machen, als ein Kreditkartenlogo zu verwenden. Wurde in der einen Studie beispielsweise in einem Raum ein gutsichtbares MasterCard-Logo angebracht, dann gaben die anwesenden Personen durchschnittlich 29 Prozent mehr aus, als wenn solch ein Logo fehlte, und zwar unabhängig davon, ob sie mit Bargeld oder mit Kreditkarte zahlten. Wurde dagegen in der anderen Studie ein Kreditkartenlogo mit auf die Rechnung gedruckt, dann führte dies zu deutlich höheren Trinkgeldern, selbst wenn diese bar bezahlt wurden. Der Grund für diese Ausgabenfreude ist, dass Kreditkarten den sofortigen Genuss von Gütern und Dienstleistungen ermöglichen, bei denen die Kosten jedoch erst Wochen später anfallen. Kreditkarten werden deswegen mehr mit dem positiven Genussakt als mit dem negativen Aspekt des Geldausgebens assoziiert. Ein Kreditkartenlogo ist somit ein Prime, welcher in unserem Gehirn die positiven Aspekte des Genussaktes aktiviert und dadurch zu Konsumfreude führt.
Trotz der zahlreichen Studienergebnisse ist die Wirkung von Priming nicht unumstritten. Das liegt einerseits daran, dass nicht alle „bahnbrechenden“ Studienergebnisse in nachfolgenden Untersuchungen reproduziert werden konnten. Auch über den genauen Umfang der Beeinflussung geht die Meinung in der Fachwelt weit auseinander. Ebenfalls wird weiterhin kritisch diskutiert, über welchen Zeitraum ein Priming-Effekt anhält. Einige Forscher gehen von einem Zeitraum von 15 bis 20 Minuten aus, während andere Forscher einen Priming-Effekt auch nach 24 Stunden nachweisen konnten.
Mit lokalen Online-Marketing sind Sie immer zur richtigen Zeit, am richtigen Ort. Gewinnen Sie neue Kunden immer dann, wenn diese gezielt auf der Suche nach Ihren Leistungen sind. Entdecken Sie jetzt die Vorteile des lokalen Online-Marketings für Ihr Unternehmen.
Patrick Michalowski berät kleinere und mittelständische Unternehmen bei der psychologischen Optimierung ihrer Marketingaktivitäten. Er hat erfolgreich mehrere Studiengänge im Bereich Wirtschaft, Medien und Psychologie absolviert und ist darüber hinaus zertifizierter Referent für psychologische Kommunikationsprozesse (PFH)
Kursinhalt
Vielen Dank!
Ihre Nachricht wurde erfolgreich gesendet.
Wir werden uns schnellstmöglich bei Ihnen melden.
Wollen Sie wirklich nichts unternehmen?
Mit unserer Unterstützung konnten wir bereits zahlreichen glücklichen Kunden zu mehr Umsatz und höheren Gewinnen verhelfen.
Lassen Sie sich unverbindlich und kostenlos beraten, wie auch Sie in den Genuss höherer Umsätze und Gewinne kommen. Wir sind nur ein Telefonat oder eine E-Mail entfernt.