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Kapitel 25

Die Status-quo-Verzerrung

Die Status-quo-Verzerrung ist eine kognitive Verzerrung, die zu einer übermäßigen Bevorzugung des Ist-Zustands gegenüber Veränderungen führt. In Entscheidungs- und Wahlsituationen wird deswegen oft nichts unternommen oder eine vergangene getroffene Entscheidung beibehalten (der Status quo wird somit aufrechterhalten). Diese Tendenz, den aktuellen Zustand bewahren zu wollen, ist umgangssprachlich auch als „Macht der Gewohnheit“ bekannt und ist mit dafür verantwortlich, dass Innovationen und notwendige Veränderungen ausgebremst werden.

Für den menschlichen Drang, dass Dinge so bleiben sollen, wie sie derzeit sind, existieren in der Psychologie und Verhaltensökonomie unterschiedliche Erklärungsansätze. So ist beispielsweise gut belegt, dass Routinen und Gewohnheiten ungern aufgegeben werden, da diese Sicherheit stiften und die Komplexität des Alltags reduzieren. Eine weitere Erklärung lautet, dass die Aufgabe des Ist-Zustandes als Verlust empfunden wird. Von der Verlustaversion wissen wir, dass Menschen Verluste vermeiden möchten. Gleichzeitig lehrt uns die Prospect-Theorie, dass Verluste höher gewichtet werden als Gewinne gleichen Ausmaßes (siehe Verlustaversion). Dies führt dann häufig dazu, dass der empfundene Verlust mit der Aufgabe des Status-quo den empfundenen Gewinn einer Veränderung überwiegt, selbst wenn eine Veränderung des Ist-Zustandes nachweislich vorteilhafter oder risikoärmer ist. Ein anderer Erklärungsansatz für die Status-quo-Verzerrung lautet, dass Menschen sich an eine einmal getroffene Entscheidung gebunden fühlen (Commitment und Konsistenz). Würde man die getroffene Entscheidung nun revidieren, müsste man sich einen Fehler eingestehen, weshalb an der Entscheidung nicht mehr gerüttelt wird.

Ein schönes Beispiel für die Status-quo-Verzerrung ist ein einfaches Experiment, welches die Ökonomen William Samuelson und Richard Zeckhauser im Jahr 1988 durchführten. Hierzu wurden Versuchspersonen gebeten, Geld anzulegen, bei dem sie sich vorstellen sollten, dass sie dieses von einem Onkel geerbt hätten. Erhielten die Probanden das Geld in Form von Aktien der Firma A, wurde dieses mehrheitlich in die Firma A investiert. Wurde hingegen das Geld in Form von Aktien der Firma B hinterlassen, entschieden sich die Versuchspersonen mehrheitlich, dieses in Firma B zu investieren. Andere Studien konnten die Status-quo-Verzerrung auch im gesellschaftlich-politischen Bereich nachweisen, die mit dafür verantwortlich ist, dass es bei politischen Reformen oft zu größeren Protesten kommt oder dass Amtsinhaber bei Wahlen einen messbaren Amtsbonus besitzen.

Die Forschung zeigt, dass die Präferenz für den Status-quo umso größer ist, je komplexer die Entscheidungssituation ist. Je größer die Auswahl an Alternativen und je unübersichtlicher deren Konsequenzen sind, desto größer ist die Status-quo-Verzerrung. Im Alltag führt dies dazu, dass wir uns unseren Gewohnheiten treu bleiben und stets in den gleichen Geschäften einkaufen, zu den gleichen Marken greifen und den Arbeitgeber nicht wechseln. Dieser Umstand ist selbstverständlich den meisten Marketingabteilungen bekannt. Viele Unternehmen versuchen deswegen, die Status-quo-Verzerrung beim Kunden zu verstärken und ihn damit an das Unternehmen zu binden. Hierzu werden beispielsweise die Annehmlichkeiten des aktuellen Zustands betont, Treue- und Bonuskarten ausgegeben oder Lieferkosten-Flatrates (z. B. Amazon Prime) angeboten. Die Lebensmittelmarke „Du darfst“ hat daraus sogar eine Lebensphilosophie gemacht, indem sie ihre Produkte erfolgreich mit dem Slogan „Ich will so bleiben, wie ich bin“ bewirbt.
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Tipps für die Praxis

  • Wenn Sie möchten, dass Menschen sich in Entscheidungssituationen für die Beibehaltung des Status quo entscheiden, kommunizieren Sie die Vorteile der Ist-Situation und betonen die Nachteile einer Veränderung. Greifen Sie hierbei auch auf die Verlustaversion zurück und betonen Sie, welche persönlichen Verluste mit der Aufgabe des Status quo verbunden sind. Da die Status-quo-Verzerrung umso größer ist, je mehr Wahlalternativen zur Verfügung stehen, sollten Sie möglichst viele (unbequeme oder riskante) Veränderungsoptionen aufzeigen, durch die die Beibehaltung des Status quo attraktiver erscheint.
  • Zum Beibehalten des Ist-Zustands können Sie Menschen darüber hinaus motivieren, indem Sie außerdem dafür sorgen, dass eine Veränderung möglichst unattraktiv erscheint. Dies können beispielsweise Treue- oder Bonusprogramme für Kunden sein, bei denen eine Veränderung des Ist-Zustands  dazu führt, dass die bereits gesammelten Punkte und Gutschriften für immer verloren gehen.
  • Wenn Sie erreichen möchten, dass Menschen sich für eine Veränderung des Ist-Zustands entscheiden, kommunizieren Sie die Vorteile und den Nutzen einer Veränderung und zeigen Sie die Nachteile des Status quo auf. Beachten Sie hierbei, dass der potenzielle Gewinn, den eine Veränderung mit sich bringt, deutlich größer sein muss als der potenzielle Verlust, der mit der Aufgabe des Status quo verbunden ist. Berücksichtigen Sie darüber hinaus, dass (zu) große Veränderungen oder eine (zu) beharrliche Vorgehens­weise, schnell zu Reaktanz führen können. Hier kann es hilfreich sein, die Veränderung und die Vorgehensweise in kleinere Schritte aufzuteilen.

Exkurs zur Status-quo-Verzerrung

Forscher der Universität von Cardiff konnten in einem spannenden Experiment aufzeigen, dass die Status-quo-Verzerrung nicht nur bei einem Ist-Zustand auftritt, den man selbst gewählt oder erreicht hat, sondern auch, wenn dieser zufällig zugewiesen wird. Hierzu wurde den Versuchsprobanden mitgeteilt, dass diese einen oder zwei Schokoriegel erhalten, wenn sie einen Ball in einen Korb werfen. Der einen Hälfte der Versuchsteilnehmer wurde dabei gesagt, dass diese dafür ihre dominante Hand verwenden sollen (Rechtshänder die rechte Hand, Linkshänder die linke) und dafür einen Schokoriegel gewinnen können. Die andere Hälfte der Teilnehmer sollte für den Ballwurf die nichtdominante Hand nutzen, wofür die Werfer bei einem erfolgreichen Wurf zwei Schokoriegel als Belohnung erhalten würden. Auf dem Weg zum Experiment wurde allen Teilnehmern noch die Möglichkeit zum Wechseln angeboten, sodass Teilnehmer, die z. B. ursprünglich in der Gruppe mit der dominanten Hand waren, jetzt mit der nichtdominanten Hand werfen konnten und dafür zwei Schokoriegel erhalten würden. Allerdings zeigte sich, dass die meisten Teilnehmer gemäß der Status-quo-Verzerrung bei der Variante blieben, zu der sie zu Beginn zufallsmäßig eingeteilt worden waren und eine aktive Veränderung zugunsten des Ist-Zustands vermieden.
 
Das Experiment der Universität von Cardiff gibt es auch als Video bei YouTube, verfügbar unter diesem Link.

Autor

Patrick Michalowski

Patrick Michalowski

Patrick Michalowski berät kleinere und mittelständische Unternehmen bei der psychologischen Optimierung ihrer Marketingaktivitäten. Er hat erfolgreich mehrere Studiengänge im Bereich Wirtschaft, Medien und Psychologie absolviert und ist darüber hinaus zertifizierter Referent für psychologische Kommunikationsprozesse (PFH)

Quellen

Eidelman, S. & Crandall, C. S. (2012). Bias in Favor of the Status Quo. Social and Personality Psychology Compass, (6), 270–281.
 
Kahneman, D., Knetsch, J. L. & Thaler, R. H. (1991). Anomalies: The Endowment Effect, Loss Aversion, and Status Quo Bias. Journal of Economic Perspectives, (5), 193–206.
 
Liebig, G. & Rommel, J. (2014). Active and Forced Choice for Overcoming Status Quo Bias: A Field Experiment on the Adoption of “No junk mail” Stickers in Berlin, Germany. Journal of Consum Policy, (37), 423–435.
 
Masatlioglu, Y. & Ok, E. A. (2005). Rational choice with status quo bias. Journal of Economic Theory, (121), 1–29.
 
Nicolle, A., Fleming, S. M., Bach, D. R., Driver, J. & Dolan, R. J. (2011). A Regret-Induced Status Quo Bias. Journal of Neuroscience, (31), 3320–3327.
 
Samuelson, W. & Zeckhauser, R. (1988). Status quo bias in decision making. Journal of Risk and Uncertainty, 1(1), 7–59.

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